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Pressemonate

Die Kamera hält Gefühle fest

31. März 2017

Fotoprojekt Fotograf Harald Habermann hat Patienten und Belegschaft der Bopfinger Wachkoma-AktivPflege portraitiert. Nun werden die Fotos ausgestellt.

Man hätte nicht in seiner Haut stecken wollen in diesem Augenblick: Als Profifotograf einen Menschen portraitieren, der nichts dazu sagen, der sich nicht wehren kann. „Es war eine Hemmschwelle", sagt der Wasseralfinger Fotograf Harald Habermann. „Ich habe ohne viel Überlegen zugesagt. Dann habe ich mich gefragt, auf was ich mich da eingelassen habe. Und ob ich das überhaupt schaffe."

Er hat’s geschafft. Am Donnerstag, 6. April, 19 Uhr, wird in Foyer und Schranne im Rathaus Bopfingen die Fotoausstellung „Denk mal mit Herz" eröffnet. Etwa 60 Bilder aus der Wachkoma-Aktivpflege in der ehemaligen Klinik am Ipf. Es ist eine ganz besondere, wenn nicht einzigartige Ausstellung.

„Sie ist bemerkenswert", kommentiert Günter Schneider, Pflegedirektor des Ostalbklinikums. Schneider erzählt, er habe den Fotografen Harald Habermann kennengelernt, als dieser sakrale Kunst in der Kapelle des Aalener Krankenhauses fotografiert habe. Und ihn gefragt, ob er sich zutraue, Menschen im Wachkoma zu portraitieren. Schneider wusste, dass Habermann Menschen fotografieren kann – unter anderem von einer Serie über sogenannte VIPs.

Habermann hat sich ausbedungen, Ausschnitte der Wirklichkeit zu zeigen. Nichts zu retuschieren, nichts künstlich hübscher zu machen. „Keine schöne Glitzerwelt darstellen", wie er es von der Industrie-, Mode- und Food-Fotografie her kennt.

Innerhalb eines guten Jahres ist Harald Habermann etwa 25 Mal nach Bopfingen gefahren, im Gepäck eine kleine Handkamera. Er hat bewusst auf die große Ausrüstung verzichtet. „Denn in den Bildern geht es nicht um technische Perfektion, sondern um Gefühle", sagt er. „Alle Bilder sind Schnappschüsse, keine gestellten Situationen", betont er.

Der Fotograf wollte zudem mit vorhandenem Licht auskommen. Einmal, berichtet er, sei er in einer Vollmondnacht nach Bopfingen gefahren. Doch im Patientenzimmer war’s dennoch zappenduster. Also haben die Pflegekräfte den Patienten ins Freie geschoben, wo ein lauer Wind wehte. Und alle hatten den Eindruck, ihm habe das gefallen.

Auch von beklemmenden Situationen erzählt der Fotograf. „Aber die Aufnahmen sind nicht bedrückend", sagt er, „sie sind eher so gehalten, dass man nachdenklich wird".

Unwillkürlich wird man sich beim Betrachten der Fotos die Frage stellen, ob man selbst nicht vielleicht immer nur einen Schritt weit davon entfernt ist, ein Schicksal dieser Art zu erleiden. Nach einem Sturz von der Treppe. Oder, nachdem man sich an einem Bissen verschluckt hat. Ganz zu schweigen etwa von einem schweren Verkehrsunfall.

„Die Ausstellung zeigt auch die Dramatik der Pflege in der Wachkomastation", ergänzt Günter Schneider, der von der „Königsklasse der Pflege" spricht. Die Begriffe Nähe, Hoffnung, Hilfe, Sorge, Solidarität und Leidenschaft habe Harald Habermann hervorragend eingefangen. Auch in Fotos der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Die Fotos, im Format von bis zu 60 mal 90 Zentimetern, werden ganz bewusst nicht am Ort ihrer Entstehung gezeigt, sondern im Rathaus. „Wir wollen das Leben im Wachkoma in die Gesellschaft hineintragen", benennt Günter Schneider das Ziel.

Kulturjournalist Wolfgang Nußbaumer führt in die Ausstellung ein. Sie ist zu den üblichen Öffnungszeiten des Rathauses zu sehen bis einschließlich Freitag, 28. April.

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© Schwäbische Post 31.03.2017


1500 Euro für Patienten

28. März 2017

Bopfingen ij Die Initiatorin des Strickkreises, Monika Grieser, hat Günter Schneider, Pflegedirektor der Wachkoma-Einheit, einen Spendenscheck über 1500 Euro übergeben. Durch die Organisation von Handarbeitsausstellungen und den Verkauf ihrer Handarbeiten auf Flohmärkten brachte die Gruppe das Spendengeld zusammen. Die Frauen treffen sich einmal monatlich in der Wachkoma-Einheit in Bopfingen und stricken für die Wachkoma-Patienten.

Strickkreis Wachkoma übergibt weiteren Spendenscheck

Wachkoma: Blicke sprechen still

21. März 2017

Respektvoll tastete sich der Aalener Fotograf an den Alltag der Heimbewohner heran.

Fotos: Harald Habermann

Bopfingen Irgendwo auf dem Heimweg parkte Harald Habermann am Straßenrand. Er spielte mit dem Gedanken, alles hinzuwerfen. Ein Jahr lang hatte er schwerst pflegebedürftige Menschen in der Bopfinger Wachkomaeinheit mit der Kamera begleiten wollen. „Worauf habe ich mich eingelassen?", fragte er sich nach dem ersten Termin: „Es kam mir wie eine Vergewaltigung vor, jemanden zu fotografieren, dem der Speichel herunterläuft. Der sich nicht wehren kann. Der nicht Stopp sagen kann."

Habermann machte dennoch weiter. Der selbstständige Fotograf aus Aalen, der unter anderem für seine Food-Fotografie und seine Model-Werbefotos für die Dessoushersteller Triumph Preise gewonnen hatte, fand seinen eigenen Weg: Einerseits den Respekt bewahren, andererseits seine Gefühle ausdrücken. In unzähligen Alltagssituationen lichtete er die Heimbewohner ab, Hunderte, vielleicht Tausende Mal. „Mich interessiert der Mensch ungeschminkt", betont der 58-Jährige. Das Ergebnis seiner Arbeit ist vom 6. bis 28. April im Bopfinger Rathaus zu sehen.

Habermann fand Zugang zu Menschen, die zu gar keiner oder nur kleinste Bewegungen fähig sind, die von Apparaten künstlich beatmet und ernährt werden. Er führte Vorgespräche mit Angehörigen und legte diesen die fertigen Bilder vor. Was jenen unangenehm erschien, löschte er.

Stolzer Blick nach oben mit der Rose

Die Farbfotos zeigen eine stille Welt – sprechen aber gerade dadurch Bände. Eine Realschülerin porträtiert einen Bewohner für den Kunstunterricht und dreht dabei verlegen an ihrer Halskette. Eine Pflegeschwester schenkt einer Bewohnerin eine Rose. Die ältere Frau wirft daraufhin stolz den Blick nach oben: „Das hat mich an eine Spanierin erinnert", sagt Habermann.

Einmal kam der Fotograf, um bei Vollmond Bilder in den Heimzimmern zu machen. Sie gelangen nicht gut. Da beschlossen er und die Pflegekräfte, die Patienten in dieser lauen Sommernacht in den Garten zu schieben und dort weiter zu fotografieren. Für manche von ihnen war es die erste Nacht im Freien seit Jahren: Die Bilder fingen diese Stimmung ein.

„Situationen von Solidarität, Hoffnung, Leidenschaft und Leid" – so umschreibt Pflegedirektor Günther Schneider das, was Habermann in einem Jahr mit seiner Kamera festhielt. Mit einigen der Wachkomapatienten schloss der Künstler regelrecht Freundschaften, immer sprach er mit ihnen. Er begleitete sie auf die Ipfmesse und mit einem jungen Bewohner und dessen Vater, deren Hobby die Fliegerei gewesen war, fuhr er zum Flugplatz Elchingen und erlebte die Ankunft einer Transall-Maschine mit.

Auch den Alltag des Pflegeteams beobachtete Habermann und machte Schnappschüsse: Auf einem wirft eine Schwester einem Patienten scherzhaft eine Milchtüte hinterher: eine liebevolle Szene. Eine Patientin, die fast hinter Plastikbehälter mit Flüssigkeiten verschwindet, zeigt die große Abhängigkeit von Apparaten und Hilfsmitteln.

„Wer beobachtet wen?", fragt sich Habermann

„Wer beobachtet wen", fragte sich Habermann oft, wenn er die Resultate seiner Arbeit betrachtete. 66 von diesen sind bei der Ausstellung im Bopfinger Rathaus zu sehen. Mit einer besonderen Aufhängetechnik möchte sie der Fotograf gleichsam im Raum schweben lassen.

Für den Künstler selbst hat sich bei der Beschäftigung mit den Menschen im Wachkoma ein Schalter umgelegt. Er wurde sich bewusst, wie gut er es doch eigentlich hat: „Mensch, hab ich mir gedacht, „ist das Leben toll".

Die Ausstellung „Denk mal mit Herz" ist vom 6. bis 28. April zu den üblichen Öffnungszeiten des Rathauses Bopfingen sowie zusätzlich immer sonntags zwischen 11 und 15 Uhr zu sehen. Die Vernissage findet am Donnerstag, 6. April, um 19 Uhr statt und wird von der Gruppe Sinfonia Keltica musikalisch gestaltet. Für Catering sorgen Schüler der Realschule Bopfingen.


Stricken für einen guten Zweck

16. März 2017

Spende Jeden Donnerstag ab 14 Uhr trifft sich die 15-köpfige Strickgruppe der Begegnungsstätte Bürgerspital, um unter der Leitung von Maria Berger für ihren nächsten Weihnachtsmarkt zu handarbeiten. Alle 14 Tage kommen stickende Frauen hinzu. „Der Erlös aus dem Verkauf der Strickwaren ist immer für einen guten Zweck bestimmt“, erklärt Berger. Jüngst seien 1700 Euro zusammengekommen. 1000 Euro davon überreichte Maria Berger nun an Knut Frank, Leitende Pflegekraft der „Wachkoma Aktivpflege Bopfingen“. cow/Foto: opo zurück © Schwäbische Post 16.03.2017 17:19


5000 Euro für Wachkoma

31. Januar 2017

Bopfingen. Die Wachkoma Aktivpflege Bopfingen kann sich über eine großzügige Unterstüzung des Lions Clubs Aalen freuen. Der amtierende Präsident des Lions Clubs in Aalen, Dr. Ralf Kurek, hat Pflegedirektor Günter Schneider jüngst die freudige Botschaft und den dazugehörigen Scheck über 5000 Euro persönlich überreicht. „Die Angebote, die wir in der Wachkoma Einheit in Bopfingen seit Jahren erfolgreich anbieten können, sind leider nicht in der Finanzierung durch die Pflegeversicherung enthalten“, sagte Pflegedirektor Günter Schneider bei der Spendenübergabe. „Musiktherapie, Klinikclowns, Märchenzeit und viele Angebote mehr sind aus unserer Sicht von elementarer Bedeutung in einer umfassenden Betreuung unserer Patienten und deren Angehörigen und Familien.“ Zur Aufrechterhaltung dieser etablierten Leitungen freue sich die Einrichtung daher über jede externe Unterstützung und jede Spende, die zu 100 Prozent in zusätzliche Therapieangebote fließe, wie Günter Schneider versicherte. Er bedankte sich sehr herzlich bei den Lions für „die großartige Unterstützung“. © Schwäbische Post 31.01.2017 15:28


Die Bopfinger Bank spendet für die Wachkoma

20. Januar 2017

Franz Zekl, Vorstand der Bopfinger Bank Sechta-Ries e. G. (li.) und Günter Schneider, Pflegedirektor (re.) Foto: privat

BOPFINGEN (ij) - Die Bopfinger Bank Sechta-Ries hat an die Wachkoma AktivPflege Bopfingen 1000 Euro gespendet. Bei der Spendenübergabe betonte Pflegedirektor Günter Schneider (rechts) den raumschaftlichen Gedanken und bedankte sich für die Unterstützung. Diese sei gelebte Solidarität für die 16 Patienten der Wachkoma Station. Vorstand Franz Zekl (links) und Julian Schwarz von der Bopfinger Bank unterstrichen dieses soziale Engagement. Knut Frank und das Pflegeteam werden die Spende für dringend benötigte Neuanschaffungen im Raum der Sinne verwenden.

Aalener Nachrichten, 20 Jan. 2017


Saiten, die die Seele streicheln

05. Oktober 2016

Benefizkonzert Veeh-Harfengruppe „Viel-Saitig" stellt ihr Konzert zugunsten der Wachkomastation in das Zeichen des Stadtjubiläums „775 Jahre Reichsstadt Bopfingen".

Gabi NeumeyerDie Gruppe „iel-Saitig" aus Lauchheim stellt eindrucksvoll unter Beweis, dass ein modernes Instrument wie die Veeh-Harfe für historische Musik wie gemacht ist. Sie ist ein modernes Instrument, die Veeh-Harfe. Das erste Instrument baute 1992 ein Vater für seinen Sohn, der mit Trisomie 21 geboren worden war. Einfach zu spielen, mit einer eigenen Notenschrift und zartem Klang, der berührt und wie geschaffen ist, für historische Musik. Das bewies die Veeh-Harfengruppe „iel-Saitig" aus Lauchheim am Dienstagabend in der Schranne begeisterten Zuhörern mit einem rund 70-minütigen Programm.

Dirigent Jonathan Pfaff war einer von zwei Musikern, die gemeinsam mit elf Musikerinnen aus vielen, einzelnen, zarten Tönen tragende und klangvolle Akkorde zauberten. Passend zum historischen Ambiente der Schranne spielten sie sich mit Tänzen aus der Renaissance und dem Barock, mit Kirchenmusik, zeitgenössische Kompositionen und Bekanntem, wie dem französischen Liebeslied „laisir d´amour" in die Herzen ihrer Zuhörer. Ein stimmiges Konzert, nicht zuletzt dank der hervorragenden Moderation Pfaffs, der auch als guter Sänger in Erscheinung trat.

Dass „Viel-Saitig" ihr Eröffnungskonzert der Heimattage unter das Reichsstadtjubiläum gestellt hatte, freute besonders Bürgermeister Dr. Gunter Bühler. „u ihrer Musik der leisen Töne passt gut, dass die Spenden für die Wachkoma Einheit bestimmt sind", sagte er. Beim Spielen des Instruments, wie bei der Pflege der Patienten spiele Feinfühligkeit eine wichtige Rolle, so Bühler.

Auch Pflegedirektor Günter Schneider fand Berührungspunkte. So werde die Veeh-Harfe in der Musiktherapie eingesetzt. Schneider nutzte die Gelegenheit, um die Arbeit der Wachkomastation vorzustellen. „achkoma ist keine Krankheit, sie ist ein Lebenszustand, ein Tsunami für die Betroffenen und ihre Familien", sagte er.© Schwäbische Post 05.10.2016 15:59


Vernissage der besonderen Art

21. Juli 2016

Schülerzeichnungen von Patienten waren beim Sommerfest der Wachkoma AktivPflege zu sehen

Die Wachkoma AktivPflege Bopfingen hat zum Sommerfest geladen und viele Gäste konnten bei Spanferkel und der kulinarischen Vielfalt der „Catering-AG" der Realschule Bopfingen die Programmpunkte genießen.

Bopfingen. Als Kooperationsprojekt im Rahmen der Bildungspartnerschaft der Realschule mit der Wachkoma-Einheit stand dieses Jahr „Porträt-Zeichnen" im Mittelpunkt. In einer Vernissage der besonderen Art wurden Porträt-Zeichnungen der Wachkomapatienten gezeigt, die von den Schülern angefertigt wurden. Pflegedirektor Günter Schneider dankte dem Kunstpädagogen und Initiator Oliver-Rolf Sauter für dieses Engagement auch im Namen der Wachkomapatienten und deren Familien. Direktor Stefan Vollmer und Dr. Carola Merk-Rudolph boten ein musikalisches Unterhaltungsprogramm mit den Schülerinnen und Schülern, das für Kurzweil und Begeisterung sorgte. Bürgermeister Dr. Gunter Bühler stellte die gesellschaftliche Herausforderung der Pflege schwerstkranker Menschen in den Mittelpunkt und zollte damit dem Pflegeteam um Knut Frank von der Wachkomaeinheit Respekt und Anerkennung. Die Motorradfreunde Neuler machten als Überraschungsgäste den Patienten und deren Familien im Sommerfest ihre Aufwartung und übergaben abermals eine Spende. Pflegedirektor Günter Schneider nahm von Klaus Schips den Scheck über 400 Euro entgegen. Damit sind weitere Auftritte der Klinikclowns und Märchenstunden gesichert. Ein soziales Engagement aus der Raumschaft für die Raumschaft kam auch vom Strickkreis um Monika Grieser, die sich immer am letzten Donnerstag eines Monats treffen und zugunsten der Wachkomaeinheit ihre Handarbeitserzeugnisse anbieten. Ein rundum gelungenes Sommerfest gestaltet von der Realschule Bopfingen und unterstützt von den Motorradfreunden Neuler und dem Strickkreis.© Schwäbische Post 21.07.2016


Die Wachkomastation: permanent, professionell, produktiv

15. Juli 2016

Eine Reportage aus der Wachkoma-Station in Bopfingen

Ein Patient pro Jahr kommt zurück aus den Komatiefen, beginnt wieder zu kommunizieren, lernt wieder zu essen und zu trinken. Die meisten dieser Heimkehrer ins bewusste Leben sind noch lange oder bleiben immer Pflegefälle. Die Wachkomastation in Bopfingen gehört organisatorisch und personell zum Ostalb-Klinikum. Das Einzugsgebiet dehnt sich etwa 75 Kilometer in alle Richtungen aus, also Heidenheim inklusive.

Eine Reportage von Rainer Wiese.

Frau Brannt kommt jeden Tag um halb elf am Vormittag. Seit zwei Jahren besucht sie ihren Sohn in der Wachkoma-Station. Oliver liegt in Zimmer 6. Vor zweieinhalb Jahren ist es passiert. Oliver war unterwegs mit dem Mountainbike, stürzte irgendwann am Nachmittag. Der Helm zerbricht. Bewusstlos bleibt er liegen. Er wird erst am Abend gefunden. Auf der Intensivstation bleibt er bewusstlos. Oliver hat immer mal die Augen offen, der Blick scheint nichts aufzunehmen. Keine Reaktion auf Berührung und Ansprache. Wachkoma. Eleonore Brannt spricht mit ihrem Sohn. Erzählt aus ihrem Alltag, grüßt von diesen und jenen Bekannten. Sie bringt Erinnerungstücke mit, das Ferrari-Handtuch, die Fotos von der Zugspitze vor drei Jahren, eine weitere Musik-CD aus Olivers Sammlung. Die CD legt sie in den Radiorecorder ein: „Das ist jetzt Celine Dion, Oliver, die hast du doch mal richtig gut gefunden, Oliver.“ Sie drückt auf die Playtaste. Oliver zeigt keinerlei Reaktion. „Aber man weiß ja nicht, was in ihm vorgeht. Ich glaube einfach, dass er mich hört, ich glaub’s einfach. Und dass er wieder zurückkommt,“ sagt sie trotzig und ihre Stimme zittert ein wenig. Etwa ein Patient pro Jahr kommt zurück aus den Komatiefen, wacht auf, lernt wieder zu essen und zu trinken. Die meisten dieser Heimkehrer ins bewusste Leben sind noch lange oder bleiben immer Pflegefälle, berichtet Knut Frank. Er leitet die Station die Wachkomastation in der Bopfinger Jahnstraße. Die Einrichtung gehört organisatorisch und personell zum Ostalbklinikum. Das Einzugsgebiet dehnt sich etwa 75 Kilometer in alle Richtungen aus. „Wir müssen schon schauen, dass die Station ausgelastet ist“, sagt Frank. 18 Plätze gibt es, 16 bis 17 sind üblicherweise belegt. Konkurrenz sind nicht die Wachkomastationen in der weiten Umgebung, sondern die private, häusliche Pflege. Ein Systemfehler führt zu einer nahezu bizarren Situation: Es geht um Patienten, die eine Trachialkanüle brauchen, weil sie nicht schlucken können und der Speichel in die Bronchen geriete. Bei dieser häufigen Komplikation ist Pflege rund um die Uhr nötig. Die kann in der Wachkomastation geleistet werden. Dort fallen dafür Zusatzkosten an in Höhe von gut 3000 Euro monatlich. Diese werden von keiner Krankenkasse oder einem anderen Kostenträger übernommen, die Familie des Patienten muss zahlen. Wenn der Patient mit Trachialkanüle aber zu Hause lebt und gepflegt wird, hat er einen gesetzlichen Anspruch auf 24-Stunden-Pflege, die von externen Profipflegern in täglich fünf Schichten geleistet und von der Krankenkasse bezahlt wird. Das ist teurer als 3000 Euro im Monat.  

Knut Frank betritt das Zimmer 12. Er bleibt an der offenen Tür stehen und schaut auf die Patientin, die er wie alle anderen „Bewohnerin“ nennt. Bevor er die 40jährige mit ihrem Namen anspricht, hat er lange und genau hingeschaut: „Ich weiß vorher nie, was der Bewohner mir anbietet“, begründet Frank seine Sorgfalt, „der Zustand ändert sich sehr oft.“ Spätestens alle drei Stunden wird jeder Patient angeschaut, wird die Lage verändert, werden Vitalfunktionen und Instrumente am Patienten kontrolliert, rund um die Uhr. Tagsüber werden mit jedem Bewohner je nach dessen Zustand therapeutische Maßnahmen durchgeführt wie Aufenthalt im Snoozle-Raum oder im Raum der Sinne, Stimulationen der Haut, der Sinne mit Aromen oder besonderem Licht oder Musik, physiotherapeutische Anwendungen, für die externe Therapeuten in die Station kommen. Immer geht es darum, die Kommunikation auf- oder auszubauen, den Patienten aus der völligen Isolation zu holen und nicht auf dem Abstellgleis zu lassen. Die Arbeit auf der Wachkomastation ist produktiv und weit mehr als Versorgung der Patienten mit dem Nötigsten. Immer wird mit den Patienten gesprochen, als wären sie bei Bewusstsein. „Ja,“ sagt Frank, „wir sehen die kleinen und manchmal auch größeren Fortschritte“, und nennt eine Erfolgsquote von ungefähr zehn Prozent. Die Zustände der Patienten sind je unterschiedlich, von tiefem Koma über Zwischenstufen bis zur Ansprechbarkeit und nahezu normaler Kommunikationsfähigkeit und der Chance zur Mobilisierung. Ein wichtiger Teil der Arbeit sei das intensive Gespräch mit den Angehörigen, Knut Frank spricht von „Biographiearbeit“, in der es darum geht, Reizpunkte zu finden, an denen mit individuell entwickelten Impulsen und Stimulationen angesetzt werden kann.

Eleonore Brannt hat sich von ihrem Sohn verabschiedet, mit dem sie heute wie alle Tage über eine Stunde lang geredet hat. Auf dem langen, wohnlich, hell und bunt gestalteten Flur sagt sie: „Ach, es ist schon schön, dass er da ist, mein Oliver, und dass er hier sein kann.“ Und jetzt zittert die Stimme gar nicht.  

Dr. Rainer Wiese, www.Regioblog-Ostwürttemberg.de, 15.07.2016


Ein besonderes Kunstprojekt

14. Juli 2016

Eine Vernissage der besonderen Art gibt es beim Sommerfest der Wachkoma-Pflegeeinheit in Bopfingen an diesem Freitag, 15. Juli, ab 17 Uhr. Realschülerinnen und Realschüler portraitierten im Rahmen eines Kunstprojektes Patienten der Wachkoma-Station in Bopfingen. Parallel dazu portraitierte der Aalener Fotograf Harald Habermann Künstler und Modelle. Die Bildungspartnerschaft der Realschule Bopfingen und der Wachkoma-Station Bopfingen setzt damit die Tradition der Kooperationsprojekte fort: Schülerinnen und Schüler der Klassen 9 haben die Wachkoma-Patienten besucht und diese porträtiert. Zuvor wurden im Unterricht mehrere Wahrnehmungs- und Zeichenübungen durchgeführt. Knut Frank, Leiter der Wachkoma-Station, hat in einer Info-Veranstaltung die Schülerinnen und Schüler für die Situation der Patienten sensibilisiert und viele Fragen beantwortet. Das Bild zeigt Kunstpädagoge und Initiator Oliver Rolf Sauter sowie Schülerin Aileen Mackic, mit Blick auf einen Pflegepatient. (Foto: Harald Habermann/Aalen)© Schwäbische Post 14.07.2016